tour en l’air

tour en l'airk

tour en l’air, 1998
7 rote Taftkleider, Dekobüsten, computergesteuerte Elektromotoren
280 x 700 x 1100 cm

Ursula Neugebauer setzt körperliche Energie sichtbar um, ohne sie als Leib einzubringen. Sie fixiert diese Energie zwischen Stofflichkeit, Mechanik und Virtualität. Sie verzichtet auf reale Körper und ersetzt sie durch Schaufensterbüsten, an denen lange, sehr lange Ballkleider befestigt sind. Jede Personage ist mit einem Elektromotor gekoppelt, der rotiert. Erst gleitet die Stoffhülle gemessen hin, dann dreht sich der Motor immer schneller, der Stoff tanzt, springt, wirbelt, wirft ornamentale Falten hoch, bis er ekstatisch sich selbst jagt und hetzt. Mehrfach wurde an den berühmten Aufsatz „Über das Marionettentheater“ von Kleist erinnert, doch gerade im letzten Moment ungehemmter Mechanik, ohne das Ziel der Grazie laufen alle Bezüge ins Leere. Dagegen lässt Neugebauers wirkungsvolles Ballet ohne Ballerina das Gespenstische schierer Draperien in der tänzerischen, kinetischen Anmut untergehen. Die Akzeleration imaginärer Körper, ihre äußerste Freiheit wurde durch Abwesenheit ermöglicht, die sich in ein eigenes Leben katapultiert.

tour en l’air, 1998
7 red taffeta dresses, decorative busts, computer-controlled electric motors
280 x 700 x 1100 cm

Ursula Neugebauer visibly realises physical energy without incorporating it as a body. She fixes this energy between materiality, mechanics and virtuality. She dispenses with real bodies and replaces them with mannequin busts to which long, very long ball gowns are attached. Each personage is coupled to an electric motor that rotates. First the fabric cover glides in a measured way, then the motor turns faster and faster, the fabric dances, jumps, whirls, throws up ornamental folds until it ecstatically chases and rushes itself. Kleist’s famous essay ‘Über das Marionettentheater’ (On Marionette Theatre) was recalled several times, but it is precisely in the last moment of uninhibited mechanics, without the goal of grace, that all references come to nothing. In contrast, Neugebauer’s effective ballet without a ballerina allows the ghostliness of sheer drapery to be submerged in the kinetic grace of dance. The acceleration of imaginary bodies, their extreme freedom was made possible by absence, catapulting them into a life of their own.

Manfred Schneckenburger